Kurzprosa: Insgesamt veröffentlichte Pierroz 21 Tagesnotizen auf der Vitaltransformer Facebook Seite. Die Ausgangslage war in etwa diese: 

“Zum Schreiben bedarf es zweier Bedingungen und nur zweier: die erste ist, dass die Situation, die uns bereitet ist, keinen besseren Ausweg enthält. Die zweite Bedingung ist, dass der literarische Ausweg von jedem Schriftsteller neu gefunden werden muss, als wenn niemand vor ihm auf die Idee gekommen wäre zu schreiben.” Jean-Paul Sartre

Nur für Facebook-Verhältnisse taugliche, sprich moderate Tagesnotizen, fanden den Weg in die Öffentlichkeit. Innerhalb der Projektzeit vom 15.12.19 – 15. 1.20 schaffte Pierroz aber auch Frontaltexte: »wenn man glücklich sein und für immer bleiben möchte, brauchte man eigentlich nur in einem dieser glücklichen momente sich eine kugel durchs hirn jagen«

Zur Projektarbeit gehörte auch die Pflege der veröffentlichen Beiträge:

Kommentar zu Notiz (5)

Herzlichen Dank lieber Gen: Du kannst Dir vielleicht in etwa vorstellen, wie lange ich über dieser einen Phrase gebrütet, Wendungen probiert und wieder verworfen, alles auf den Kopf gestellt und so alles gute daran zugrunde gerichtet, damit in grosse Not geraten, um mich auf die Suche nach der irgendwo auf einem Fetzen Papier niedergeschriebenen Ur-Version zu machen, darin die Leichtigkeit und den spontanen Humor wieder zu entdecken, dadurch in mir ein Gefühl wie ein Erwachen in ein vergangenes und in der Erinnerung besseres Leben zu beobachten, um dann in einem Anflug dieses schicksalhaften Phänomen des Nichtlassenkönnens nach sich ziehenden weiteren Überarbeitungsrunde dem Ganzen, wenn noch so Kleinen, nochmals eine konkretere, eine noch klarere Denke abzuringen, eine straffere Gestaltung und diese wohlbemessene Prise des Abseitigen, neben dem Tritt oder eben gegen den Strich, gegen die Sprache an sich beizumischen, dabei natürlich mich durch alle über die Jahre kultivierten Höllen, von den Selbstzweifeln bis zu den Greueln der tödlichen Vereinsamung zu schlagen, um gegen Ende auch noch über alle möglichen Satzzeichen zu stolpern, der Länge nach hinzuschlagen und dort mit aufgehauenen Knien und einer Beule am Schädel, doch aber auch einigermassen befriedigt, wenn auch genauso hilflos und verloren wie zuvor, für einige Augenblicke liegenzubleiben…

Kritik der Gesellschafts- und Sozialkultur sind Pierroz‘ Themen und waren es auch in seinen Tagesnotizen. Teils sind es Auszüge aus bestehenden Arbeiten, wie zb. solche aus der lockeren Folge von Beiträgen der Reihe »Vorstandsvorsitzende«. Hier ein Beispiel einer Notiz, die dann zugunsten einer anderen nicht veröffentlicht wurde: »als der vorstandsvorsitzende in seiner antrittsrede die worte »die zeit ist reif« fallen liess, stellte F. sein hörgerät unauffällig ab«

»…ich sah mich im Augenblick meiner Geburt zum Tode verurteilt. An ein Leben war unter diesen Umständen gar nie zu denken. Doch war es dann genau das, was mir blieb, an ein Leben zu denken, und das tat ich dann auch. Ich erdachte mir Unmengen bester Leben, die ich hätte leben wollen und darüber vergass ich mit den Jahren, dass ich ja gar keins hatte…«

An alle Raubritter und Wegelagerer: Für alle Inhalte dieser Website, ob Text, Bild, Video oder Audio, gelten Urheberschutzrechte. Die Autoren dieses Beitrags sind Text: »Der Tote Koller« und Pierroz