Kühlt das Bier und hält den Joint in Brand: – Rock

Wow – eine Nacht wo die Amps mit Lust hochgedreht, Saiten angerissen, Stöcke aufs Fell dreschen und rotzfreche Urschreie sich mit vor Schweiss glänzenden zuckenden Tanzenden mischen. Das ist Rock Explosion: Diesmal spielen an dem vom Echo Kollektiv veranstalteten Event die Bands „Modern Day Heroes“ und „Tim Freitag“

Modern Day Heroes machen nen prima fleddrigen Rock. Sie tummeln sich in der Soundküche der The Black Keys und verwenden mit Leidenschaft Jack White’sche Würzung, was sich in tief fräsenden Hooklines, knalligen Swampbeats und vielfarbenem Garagerockgerümpel angenehm bemerkbar macht. Ich wüsste nicht, was sich Rocker und Rockerbräute lieber in ihren Blutkreislauf knallen als das.

Tim Freitag’s Sound nennt sich vielleicht Britpoprock, da mischen sich Härte und Elektronika mit Sphärischem – aber egal, wer was warum wie nennt, es kommt packend daher, die Emotionen fliessen durch den Raum, gehen unter die Haut. In der Rockexplosion-Nacht der Kulturfabrik Wetzikon werden Elektro-Clash und brachiale Saitenhiebe sich gegenseitig herausfordern und wir werden erleben, wie alles was zügellos frei daherprescht auch rockt.

Mit den aktuellsten Produkten der beiden Bands veranstalten wir hier nun einen kleinen Schlagabtausch. Das Glöckchen erklingt, der Fight beginnt. Gibt es Regeln? nö, denn… „Die Warheit ist bitter und hat einen ganz schlechten Ruf“ (P.Weixler)

„Over the Line“ von Modern Day Heroes beginnt mit tief zerrissener „J.White’schen“ Hookline und New Orleanser Rhythmen. So geht’s dann auch weiter, mit heiserem Gekrächz und süffigem Chorgesang, ich sehe mich versetzt in die gute alte „Stray Cat Bar“ in Z. ende der Achziger, wo immer was im Hintergrund aus der Box donnerte, einem das Bier kühlte und den Joint in Brand hielt. Der Song ist eigentlich nach 20 Sekunden erledigt, der Rest ist Recycling der ersten paar Takte. Ein bisschen Hammond Gegurgel, ein mit Tremolohebel gequetsches Sechzigerjahre Statement und szenisches Gelaber machen eine amerikanische Stimmung, von der die Schweizer Rockgemeinde seit 50 Jahren träumt – eben, träumt. Und Tschüss.

„Hold on“ …uups! Mich umschmeichelt die seichte Wärme einer Badewanne – in der ich nicht alleine sitze, wie es scheint. Rauchend auch, dacht ich doch, das hätte ich hinter mir. Warum singt Tim Freitag in der Badewanne im Flageolett und benutzt Elektronika, das ist doch lebensgefährlich in Feuchtgebieten? Uff, das wird von Sekunde zu Sekunde synthetisch und poppiger. Rockexplosion wann und wo? Hier explodieren höchstens die Oszillatoren – Disco Bum Bum und nochmals eine Zigarette – für die Sonne oder wen? Die Badewannengenossin singt jetzt auch mit, im Finale ganz innig, so hätt‘ es auch klingen könnnen, so hätt‘ ich den Song vielleicht gemocht, aber dann schlägt die Welle über die Beiden. …die sich plötzlich ausbreitende Stille empfinde ich als sehr wohltuend.

Fazit: Diese Produkte sind wie sie sind – für einen Markt gedacht, der in den feuchten Träumen der Musikschaffenden vorkommt, der vielleicht zum Teil mit den gleichfalls feuchten Träumen von Musikmarktfahrer*innen verwandt ist. Am Schluss klingt das dann so, wie es „muss“, da die meisten Macher sich gedrängt fühlen, sich an den Gesetzen der modischen Trends zu orientieren, Rock hin – oder her.

Live lässt sich der natürlich veranlagte Freiheitsdrang aber bisweilen nicht vollständig unterdrücken und das ist gut so. Darum denke ich die Heroes werden die Amps dröhnen lassen und abdrücken und der Freitag mit seiner Combo wird die Herausforderung sicher gerne annehmen und mehr als nur ein Badewannenduett zum Besten geben – ansonsten liebes Publikum: Schüttet doch das Kind für einmal mit dem Bade aus, es könnte sich, nur schon dem Spass wegen, lohnen.

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