Kritik der Gefühle

Rahel Steinberg, Martina Momo Kunz, Maya Alban Zapata und Ambrosius Huber„Die Schmerzfreie Gesellschaft“ von „Les Mémoires d’Helène“ ist eine mit feinem Gespür gestaltete Groteske für drei Frauen und einen Cellisten. Die in durchgehender Spannung gehaltene Contenance zwischen Lust und Frust, bereitet dem Zuschauer ein an Irritationen und Vergnügen reiches Theatererlebnis.

Im Trainingslager des Scheiterns loten drei Frauen das Potenzial der Bruchstellen ihrer Gefühle in einer reichen Palette von Gemütsfärbungen aus. Doch das Leben bleibt ein fataler Irrtum und am Schluss stehen nur noch kleine Wünsche und Verlegenheiten zur Diskussion…

Richtig: Das Bühnenbild stellt das Leben als ein Kombinationsspiel mit vorgefertigten Bauklötzen dar. Durch eifriges Umgestalten dieser Landschaft erschwindelt man sich eine veränderte Lebenssituation. Eine effektive, wenn auch nur minimale Rückung ausserhalb des Vorgezeichneten, gälte als eine Meisterleistung und weckt infolge Unwahrscheinlichkeit den Zorn der Frauengruppe.

Betrug: Das im Stücktitel „Die Schmerzfreie Gesellschaft“ hinterlegte Heilsversprechen wird nicht eingelöst. Frech wird die Akzeptanz des persönlichen Schlingerns vor versammeltem Publikum überprüft. Dies nährt den Verdacht, dass vor allem Anfechtungen und Niederlagen unsere Charakteren gestalten und nicht die errungenen Siege.

Falsch: Die im Hintergrund an die Wand gepinnte Formel: „1 + 0 = Herz“, ist mit Hinblick auf die Funktionalität eines Rechners Schwachsinn: Ein Computer zählt nicht sondern schaltet.

Fazit: Dieses hervorragend inszenierte und gespielte, in verstörend wie auch berührender Theatersprache komponierte Stück, teilt uns mit, dass für den Versuch ein Mensch zu sein, die Summe aller möglichen Widersprüche und Konfusionen bis auf weiteres immer noch die bestmöglichen Ingredienzien sind. Völlig egal übrigens, ob nun morgen eine Renaissance der Steinzeit ausgerufen oder selbstgebastelte Cyberplaneten eröffnet werden.

Aufführungsdaten: – 18/20/21/22 Dezember 18 Fabriktheater Zürich, – 10/11/12 Januar 19 Schlachthaus Bern, – 9/10 März 19 Theater am Gleis W’thur, – 1/2 April 19 Roxy Birsfelden, – 5 April 19 Thik Baden

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