Dadaglobal – Pudel 

Wohltuend eigenwillige Klangwelten, die Dadaglobal mit seinem Album Pudel geschaffen hat. Sehr lebensnah aber auch, mit diesen vielen, in seiner Lebensumgebung eingefangen und in die Kompositionen eingewobenen O-Tonschnipseln.

Sein bei Blau Blau Records erschienene Album Pudel ist alles andere als beliebige oder Allgemeinplätze beschreitende Musik. Im Gegenteil: die Tracks von Dadaglobal sind exquisite, mit viel Liebe und Leidenschaft für akustische Ereignisse und deren spielerischen Vermengung geschaffene, eigenständige Kunstwerke. 

Gleich bei den ersten Schlenkern, die dieser irgendwie trunkene Track »Pudeleins« macht, muss ich grinsen. Sehr schön, wie sich das daherschleppt. Eine abgefahrene Kinderpuppenhausparty kommt mit in den Sinn und ich seh’ in Bildern, wie pinke Barbies sich den Wänden entlang hangeln oder beduselt aufm Teppich rumwälzen. Soviel zu meiner Fantasie oder was auch immer Dadaglobal mit seinem ersten Track mit mir jetzt grade anstellt…

Dann Vogelgezwitscher. Aber auch irgend ne Walze, die auf mich zukommt, mit mir abhebt in einen mir noch unbekannten Space. Traffic I heisst der Track und der Trip wird über acht Minuten dauern – ob ich danach jemals wieder nachhause finden werde? Egal, der ganze Klang- und Geräuschsalat dünkt mich freundlich, mir, einem mittlerweile etwas verschüttetem Gemüt wohlgesinnt – ein guter Ort sozusagen, hier in den Klangwelten von Dadaglobal.

»Bei Dadaglobal handelt es sich nicht um einen einfachen Produzenten elektronischer Musik, sondern um einen waschechten Musiker mit Ecken und Kanten.« (Unsere Beweggründe)

Mit dem Track »Clavient« betreten wir definitiv Innenräume, auch Untergeschosse vielleicht. Clever ausgearbeiteter Beat, der swingt ungemein. Ruhig aufm Stuhl hocken ist mir dabei nicht mehr möglich. 

»Sex Like A Parachute« – zum ersten mal Menschenstimme. Es ist die von Dadaglobal durch nen Vocoder gequetschte. Dahinter und darunter ein forscher aber auch leichtfüssiger Beat mit markanter Basslinie und einem Metallstab der da klingelingelt. Die Stimmung schwankt hier von einem »das wird schon« über »bin mir nicht so sicher« bis zu einem »es könnte auch schief gehn«

Danach zweimal beinah neun Minuten Traffic – macht achtzehn Minuten Lebenszeit in unbekannten teils noch unerforschten Gefilden. Sie sind es wert entdeckt zu werden. Musik als Hörabenteuer. Erfrischend, experimental, auch weil das Ganze sehr spielerisch und ungezwungen daherkommt. Das bringt mich dann in sehr gute Laune, das Schiffshorn am Schluss von Traffic II – einfach Gross.

»Auf seine ganz eigene gereifte und gleichzeitig spielerische und humorvolle Art, schafft es Dadaglobal den Bauch mit dem Kopf zu verbinden. Sprichwörtlich und im übertragenen Sinne.« (Nice Try)

Bei Traffic III stehen wir gleich mal im Wind und irgendwas frisst sich grade durch die gefühlten tausend Kabel, die Dadaglobal für seine Analogsession verlegt hat. Eine gewisse Gipfeleinsamkeit macht sich in mir breit, findet dann aber Trost in ein paar melancholischen Tastenklängen aus der Ferne. Irgendwann rutschen wir dann vom First den Hang runter und landen zwischen ziegenknochennagenden Pudelhunden, wer weiss…

Harw und Sareton: Kein Gemauschel – klare Ansagen mit Glocken und Marimbaphon – Holz und Metall, gut lackiert – Hochglanz, weil spiegelglatt poliert. Da ist wieder dieser erstaunliche Swing auf einer sehr lockeren Struktur, wo man sich wundert, wer mit wem denn da eigentlich zusammenspielt und sich fragt, wie das eigentlich zu und her geht – egal es geht. Ausserhalb aller Regeln und Ordnungen eröffnet Dadaglobal ungeahnte musikalische Möglichkeiten.

#electronic #ambient #experimental #techno, sind übrigens die Tags, die Dadaglobal für sein Album Pudel angibt. Technoid empfinde ich seine Musik eigentlich nicht, weder vom Stilbegriff, noch von der Machart her. Für mich sind das Kompositionen, irgendwie im klassischen Sinn und manche Tracks kommen so frisch daher, dass ich die auch als Improvisierte Musik oder als Instant Composing bezeichnen würde.

»Dadaglobal ist einer der Eigensinnigen, getarnt in Eleganz: einer der Verrückten. Mit ihm werden wir veräppelt. Er lässt sich auf nichts anderes festnageln als auf seinen künstlerischen Bewegungsdrang. »Pudel« ist eine Zwischenstation. (Bandcamp)

Zizek: Da kommts für einmal sehr dramatisch daher, sakral irgendwie oder hochpathetisch – klar traue ich der Sache nicht recht und richtig: schon zwinkern von weither erste Pianoeintsträusel. Es sind die eines übernächtigten und alkoholisierten Barpianisten. Ein Palaver zwischen einem am Orgelpult vor Grabeskälte beinah Erstarrten und einem etwas abgefuckten Urbanisten beginnt. Der Erstarrte scheint aber mit seinem Jenseitsblick den Dialog zu dominieren; gerät aber, sehr dynamisch zwar, aber doch zusehends ins Abseitige. 

Mit Pudelzwei schliesst das Album mit einer Variante des Schmunzelns, mit dem wir in dieses Album hinein getragen worden sind. Das Finale pudelt etwas gröber als die Opener-Version, doch ein guter Clown macht ja eigentlich nie wirklich zweimal dieselbe Grimasse – Dadaglobal ist einer dieser sehr, sehr guten Clowns. (D.T.Koller)

Service Public: Dadaglobal – Album Pudel – bei Bandcamp // Dadaglobal – Homepage // Dadaglobal bei Nice Try Records // Im Beitrag verwendete Fotogafien: Tobias Stahel

Veranstaltungstipp: Freitag 3. Juni: Eine Literaturperformance von Autorin Katja Brunner und Musiker Dadaglobal – Chaoszentrale – Kunstraum und Treffpunkt in Hinwil

Tickets & Infos/Vorverkauf: Literaturperformance mit Katja Brunner und Dadaglobal Samstag 9. April, Chaoszentrale

Veranstaltungstipp II: Dadaglobal Dadaglobal am 14. April Live im Neubad Luzern

Veranstaltungstipp III: Dadaglobal Live in der ElBar am Samstag 11. Juni ab 20 Uhr – ElBar in Wald ZH – Homepage

Service Public: Dadaglobal bei Blau Blau Records // Dadaglobal – Album Pudel – bei Bandcamp // Dadaglobal – Homepage // Dadaglobal bei Nice Try Records // Im Beitrag verwendete Fotogafien: Tobias Stahel

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