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Pferde wetten nicht auf Menschen“Pferde wetten nicht auf Menschen”: Das aktuelle Buch von Susann Klossek

Ich bin am Lesen. Und wenn das auch bei richtig professionellen Bleistiftkauern gar nicht so der Trendmodus ist, dass man ein Buch anliest bevor man es rezensiert, ich lese, bin schon mittendrin. Und es ist mir durchwegs ein Genuss. Gerne empfehle ich das gelungen Bedruckte weiter als eine, schlussendlich dem Leser doch mit viel Empathie zugedachte Lektüre, die einen verletzlichen Blick auf eine als desolate Szenerie beschriebene Gegenwart wirft.

Das Buch bietet nebst einer illusionsfreien Kulturkritik eine Literatur mit Wortkunst vom Allerfeinsten, auf gepflegtem Buffet attraktiv serviert. Tipp: probieren sie unbedingt die Furyhodenpaste.
Die Pferde, die nicht auf Menschen wetten, die galoppieren immer wieder quer über die Buchseiten hinweg. Ich habe mich dann gefragt für was die wohl stehen: für das Zärtliche, das naturell Scheue, den gesunden Urtrieb, das Unzähmbare? …in jedem Fall ein klug gewähltes Sinnbild und ich habe sie mir bei den düstersten Stellen als eine Herde in der Sonne glänzenden Apfelschimmel vorgestellt.

Susann Klossek schleift uns mit ihren gekonnt gepfefferten Kurzzeilern gleich mal rund um die Kugel: eine virulente Drehung wird das, um uns selbst, um das Übel also. So im Grossen, wie im Kleinen. Das kann einem, je nach Gemüt, etwas schwindelig werden dabei.

Schnelle Blicke wirft sie da und dort hin, mal gehässig und streitlustig, mal mit Nachsicht humorig, immer gerne zuerst auf das Unerfreuliche und klar, auch auf das Schlechtzuadelnde an sich selbst. Eine durchaus gern bösartige Lust sich an den eigenen Degenerationserscheinungen blutig zu kratzen, aber um dann am Schluss doch trotzig und erhobenen Hauptes aus dem Spiegelgefecht hervorzugehn.
Beispiele: das fehlende Talent zum multiplen Orgasmus, das Aussenseitersyndrom, oder der Befund dass der internationale Durchbruch als Literatin in einem Lokal wie dem Zürcher Zähringer nach unten realere Chancen hat, als anderswohin.
Aber Hand aufs Herz Frau Klossek, ist es nicht gerade dieser dampfende Misthaufen, der als repressives Dynamit sich dann, nach mutiger Zündung desselben (den Mut, den sie ja ausreichend haben), als Brodem für grossartig literarischen Auswurf frei sprengt?

Gerne teile ich als Leser mit Ihnen ihre spannungsreiche Unruhe, sowohl die als Menschentier wie als Denkerin, weil sie mich angeregt, manchmal auch links erwischt und erschreckt. An vielen Stellen habe ich laut und froh rauslachen dürfen und berührt hat mich Ihre Schreibe auch.
Grad diese stillen, vom ureigensten sowie anerzogenen Wahnsinn befreiten Momente, die zwar rar, aber doch auch realer Teil unsrer Reise ins Ungewisse sind: in diesen Momenten dem Film die Pausetaste drücken und der Szene die gültigen Worte hinzupinseln: Wow, das haben sie voll drauf und wundervoll hingekriegt!
Die Literatur, die dann durchbricht wenn all die Wände eingerissen sind, die ist in diesem Buch so toll inszeniert, dass auch mir immer wieder mal ein wohliger Seufzer durch mein knotig gewordenes Seelengeäst zitterte.

Umso länger ich an dieser Lesereise teilnehme merke ich, wie da kein Ausweichen, kein Schwanz einziehen mehr möglich ist. Der Stoff ist stark, ist zwingend und ich werde, wenn ich den Deckel hinten zuklappe mit einer aufgefrischten Unruhe im Ranzen, also ganz gewiss als ein anderer rauskommen, als der wo vorne rein ist.

Kostprobe? …nix da, geht hin und kauft das Buch:
gonzo verlag oder direkt bei Susann Klossek selbst: gehe zu Aktuell und scrolle…

Ein Kommentar

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