„The Beast In You“ – Eine Suizid Revue von Les Mémoires d’Helène, mit Martina Momo Kunz: Performance und Flo Götte: Musik
Gitarrenklänge, die in einen hohen, leise alarmierenden Störton münden, begrüssen die in einsamer Trauer vor sich hin vegetierende Protagonistin auf der Bühne. Sie, Helène (Martina Momo Kunz) leidet unter dem Verlust ihres verstorbenen Geliebten und äussert nun den Wunsch sich aus dem Leben zu entfernen. Verabschiedungzeremonie. Auflisten und Vorkosten aller gängigen Praktiken, um Suizid zu begehen. Letzte Zweifel. Etwas Karaoke unterstreicht die billig narzisstische Pop-Schnulze die das Leben in Wahrheit ist und füttert Helène’s Lebensverdruss auf’s Beste. Suche nach Unterstützung für den letzten Schritt; bei Exit abgewimmelt, im Onlinegeschäft dann hilfreicher Kontakt, der sich aber als Niete herausstellt. Nachfolgender Suizidgangbang durch die Kompilation aller Möglichkeiten – Sieg mit Fön in der Badewanne.
Durch eine tief brummend und bebende Klangmauer von Musiker Flo Götte brechen wir in einen angedeuteten 2.Akt: Eine Rest-Helene geistert daher, mit einem in ein Biest und einer Schönen zweigeteilten Charaktere. Die zwei haben ein starkes Unterhaltungsbedürfnis. Witze werden dargeboten, da Humor die Seele bekannterweise über Abründe trage. Konkurrenz und Seelenkampf der beiden, bis zum Teufel komm raus. Der Teufel kann aber nicht raus, weil ohne ihn das Lebensspiel keines wäre. Versuch eines Burgfriedens in der Gemütszone; ob das gelingt? Der versöhnliche Schlusssong inklusive Tänzchen des Gitarristen scheinen diesbezüglich vielversprechend.
Och… höre ich Stimmen: Suizid, was für ein schweres schwieriges Thema. Das finde ich gar nicht – im Gegenteil; das Wechselspiel zwischen Sein – und nicht Sein, ist eines der wenigen nennenswerten Themen die uns der Vergänglichkeit Ausgesetzten überhaupt dargereicht wurde.
Also nur keine falsche Scheu, denn das Leben ist nunmal eine Tragödie, am Verderben entlang fährt dieses – mit oder ohne Suizidgedanken. Man könnte sich soweit versteigen und behaupten dieses Leben sei rein zur theatralischen Verarbeitung angedacht.
Das Thema ist ein Gigant, die Auswahl der im Stück dargestellten Abgründe haben Klasse. Das Gezeigte überzeugt durch Virtuosität, Konsequenz und Harmonik der Szenen, wenn man Harmonie im suzidalen Genre als Ausdruck überhaupt gebrauchen will. Viel Lebensenergie und vitale Dynamikausschläge, die da in der Verliererrunde versprüht – werden mit einem gelungenen Peak beim Suizid-Clash.
Im „zweiten Akt“ wünschte ich mir wieder, so wie am Anfang leisere und zartere Szenen – Suizid empfinde ich auch als etwas intimes, etwas das ausserhalb zugreifender Zuschauerblicke stattfindet. Die Helene prostituiert mir ihr Elend teils zu stark im Bewusstsein, vor Publikum zu agieren. Zuviel Lärmen macht die Gewalt der Angst zunichte. Gerne erlebte ich sie noch tiefgründiger, existenzieller und dadurch noch mehr auf die Fragilität des Lebensfunkens konzentriert.
Das Stück hat Fleisch am Knochen und der Auftritt der Schauspielenden ist stark. Starke Momente gab es viele, einer war mir der bezaubernde Schlussong; eine Perle, der die verirrten Seelenfragmente wieder zu vereinen sucht. „The Beast In You“ ist reich an Impulsen und hat mir noch für ein paar Tage Geistesnahrung und Anregung gegeben, mich beschäftigt. Mir persönlich stärkte das offen gezeigte Grauen dieser Selbstauslöschungsszenerie die Zuneigung zum Leben – Danke.
Ein Kommentar
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