am passendsten hätte ich es gefunden, wenn ich es schwarz auf schwarz hätte hinschreiben dürfen. (pierroz vitaltransformer 2024)
alle haben kommen dürfen, egal mit welcher krankheit sie sich auch immer beschlagen hatten, um damit ihre angebliche normalität zu kaschieren – ein moderates irrsein akzeptieren, akzeptieren, dass es keine normen gibt, dass auch eine existenz am rand oder ausserhalb nichtexistenter normen nicht nur möglich, sondern vielleicht sogar erstrebenswerter/anregender/lebenswerter sein kann. neues wort: ersterbenswert. (pierroz vitaltransformer, notizen zu »auswildern« 5. januar 2024)
die jahre, als total ausgelaugte milchkühe, weil völlig überzüchtet, zu malen anfingen und sofort den kunstmarkt dominierten. (pierroz vitaltransformer, notizen 2024)
alltagsbewältigung, den gewalttätigen alltag bewältigen, überlisten versuchen, ohne sich hinter geschichten zu verstecken, auch nicht hinter der eigenen, weil es ja eine lüge wäre, von einer eigenen geschichte zu sprechen, da es keine eigene geschichte gibt, es ohnehin an sich keine geschichten gibt, ausser jene, die man im vornherein oder nachhinein zusammenromantisiert/phantasiert, was aber gelinde gesagt reiner/fataler bockmist ist. (pierroz vitaltransformer, notizen, sonntag 21. 1. 2024)
sich an einen tisch setzen und ein wenig still vor sich hin weinen dürfen – betroffenheit postulieren – siehe auch: das trostlos – ein verkaufsschlager mit potential. (pierroz vitaltransformer, notizen 2024)
mich aus diesem ganzen menschenschlamassel heraushauen; der kriegstreiberei, dem krieg, der herbeigesehnt wird – dieser sog/reiz, den das grauen hat – dem die menschen verfallen sind, weil sie ihre bedeutungslosigkeit, ihre nichtigkeit nicht ertragen können, sie zu ertragen nicht gelernt haben, nicht zu erlernen gewillt waren oder die möglichkeit dazu nicht hatten – sich an der eigenen bedeutungslosigkeit, seiner nichtigkeit erfreuen – schade eigentlich, weil gerade die bedeutungslosigkeit, die nichtigkeit einer existenz, ein wunderbares potenzial für freiheitliche entfaltungsmöglichkeiten in sich birgt. (pierroz vitaltransformer, notizen 2024)
ausserordentlich ärgerlich, wenn man bemerkt, dass man ein geleise befährt, das es gar nicht mehr gibt. (pierroz vitaltransformer, notizen, 10. januar 2024)
das unbehagen, das mich beschleicht, wenn ich zu stark von dieser daseinsillusion umgarnt werde. (pierroz vitaltransformer, notizen, sonntag 21.1.24)
ich schlief als ich ihren brief las, so wie ich immer schlafe, wenn ich briefe lese, so schlafwachte ich auch, als ich ihren brief las, und erwachte erst bei der von ihr eingeschobenen wendung: »bitte nicht falsch verstehen«. (pierroz vitaltransformer, notizen 2024)
die oben publizierten texte »pierroz vitaltransformer – schwarz auf schwarz – notizen 2024« sind der sammlung »notizen in sieben bildern 17.1. – 11. 2. 2024 – ein kleines literarisches aufwärmdings« entnommen.
weiteren lesestoff von unserem patienten pierroz findest du über die aufgeführten einbettungen. (kunstsanatorium heimleiter d.t.koller)
10 Kommentare
»schwarz auf schwarz«,
denn er wuẞte nicht, was er antworten sollte;
auf dies floskelhafte dahin buchstabierte, handschriftlich ausgeschriebene, ihm entgegengeworfene sowie sogleich vorwegnehmende, flatterhafte anflehende dahin gezettelte:
„bitte, nicht falsch verstehen“
pierroz vitaltransformer’s
blick auf die welt war so schonungslos in »schwarz auf weiẞ« geschrieben, gedruckt sowie verklebt zur handlichen gabe, in die hände genommen, die buchseiten aufspannend … die augen lesen und schwebten über die folgenden zeilen:
verriss
draussen
atemlange schreie
aus menschenmäulern
tierlauten gleich
wortlos unmündiger
der ordnung müde geworden
lust mich auszuwildern
wider das erinnern
der entfremdung ein ende bereiten
mir keine extratänze mehr beibringen wollen …
[pierroz was bleibt sind irritationen vitaltransformer 2023 84/100 erstauflage, 100 exemplare handnummeriert isbn 978-3-033-09780-3]
jede tröstende lüge wäre die beleidigung gewesen.
#hikikomori
ja, hikikomori zum beispiel, und auch weil wohl viele, für sich und ihre kultur, gar keine vision mehr zusammenkriegen, ausser dem ding mit dem wohlstandsbegriff, und dass es immer noch wohlanständiger werden soll, obwohl dieser wohlstand, dieses wohlanständige herumstehen, die leute seit langem nur noch blöd und stumpfsinnig und immer noch blöder und stumpfsinniger werden lässt; dieses viele zeug, dass es täglich reinzuziehen gilt, dass das alles nicht viel anderes als stumpfmachenden wahnsinn zur folge hat, aber alternativen lassen sich nur schwer durchsetzen, man müsste dauernd gegen den strich bürsten, was sehr anstrengend ist, und weil das geldspiel nunmal alternativlos auf jener materialistischen blöd, stumpfsinnig und einen in den wahnsinn treibenden schiene fährt, sind die aussichten ausgesprochen schlecht für eine wendung zur vernunft, aber das ist nicht neu, nicht neu für mich, das ist so seit ich geboren bin, seit ich denken kann, und wenn ich aufrichtig das ganze realistisch betrachte, kann ich mir kaum vorstellen, dass sich da echt was ändert, aber das ändert wiederum nur wenig daran, dass es am morgen jeweils hell wird, dass die winde wehen, dass ich ein buch lese, und sich durch dieses buch vielleicht ein bericht aus einem ganz anderen zeitalter, aus einer vielleicht ganz anderen kultur mir mitteilt, und auch die gespräche mit freunden, spaziergänge, dem sitzen an waldrändern, mich an der sonne wärmen, auch das wird so sein und bleiben, und ich möchte auch, dass es so ist und so bleibt. ich wüsste nichts anderes. (pierroz vitaltransformer, »schwarz auf schwarz«, notizen 2024)
leider habe ich weder einen knüppel, noch einen sack, nicht mal einen plastiksack; trotzdem beginne ich oder fange ich an m:eine DENKE mit uns… zu teilen & zwar in schwarz auf weiss, manchmal sogar handschriftlich auf papier auch auf nur einer seite im format DINA:4-3-2-1-0. ZITAT: »und wenn ich aufrichtig das ganze {ganz-ganzheitlich-das ganze streiche ich sofort durch beim lesen einer buchseite und lösche ich sofort, da ich der meinung bin, dass in und an und mit und durch diesen ganzheitsanspruch das problem argumentativ zu liegen scheint und auch erzeugt wird} realistisch (irreal: fiktiv:träumerisch) betrachte, kann ich mir kaum vorstellen, dass sich da echt was ändert, aber das ändert wiederum nur wenig daran, dass es am morgen jeweils hell wird, dass die winde wehen, dass ich ein buch lese, und sich durch dieses buch vielleicht ein bericht aus einem ganz {s.o.} anderen zeitalter, aus einer vielleicht ganz {s.o.} anderen kultur mir mitteilt, und auch die gespräche mit freunden, spaziergänge usw. // die autoren könnten das wort „ganz“ verwenden, um eine verstärkung oder betonung auszudrücken. zum beispiel: „Er war ganz allein im dunklen Wald.“ Ganz“ kann auch darauf hinweisen, dass etwas vollständig oder umfassend ist. zum beispiel: „Das Zimmer war ganz in Weiß gehalten.“ dies w:ort „ganz“ kann auch verwendet werden, um den grad der intensität auszudrücken. zum beispiel: „Sie war ganz aufgeregt, als sie die Nachricht erhielt.“ manchmal wird „ganz“ verwendet, um einen zeitpunkt oder einen zeitraum anzugeben. zum beispiel: „Er kam ganz früh am Morgen an.“
geschätzte pia – ich kann sehr wohl nachvollziehen, dass dieser ausdruck „das ganze“ bei dir ein unbehagen hervorruft, ein unbehagen, auf das du mit korrigierenden, oder gar zensurierendem eingriff in die schranken zu weisen versuchst, was natürlich im endeffekt bloss hilflose zappelei, aber um einen drohenden kollaps abzuwenden, das wohl naheliegendste mittel ist.
und ja, artikulationen erzeugen zuweilen auch probleme: die sprache, dies mein eindruck, enthält unermesslich vieles, und so also auch die beschränkungen -in der summe die dummheit- der menschheit, und daher auch die zutaten ihres scheiterns. dann bewirken einzelne wörter auch individuell verschiedene, subjektive empfindungen, evozieren unterschiedliche bilder, und jeder leser geht anders mit der über die sprache kommunizierten dummheiten um, entwickelt sein individuelles sprachbewusstsein.
die sprache kennt wörter, (begriffe, metaphern, chiffren) die so angelegt sind, dass deren bedeutung und bedeutungsgrösse das auffassungsvermögen sprengen, trotzdem, oder vielleicht um gerade auf diese beschränkung des menschlichen geistes hinzuweisen, gebraucht/braucht der mensch solche begriffe, vielleicht auch um den geistesraum nicht auf sein gegenwärtig menschenmögliches zu stutzen, weil er auf eine mögliche weitere ausdehnung hofft; dies meine hier eingeworfene spekulation.
nebenbei: diese wendung „das ganze“ schwächelt, da bin ich ganz bei dir – ein makel der wohl meisten absolutismen, und ich frage mich immer wieder, wieviel anteil an dummheit muss man einer schreibe belassen, um sich noch im allgemeinverständlichen zu bewegen; will ich mich denn überhaupt noch allgemeinverständlich mitteilen*, und wenn ja, aus welchem bedürfnis heraus, und: wie springt man über seinen eigenen schatten und über den der sprache – quo vadis?
* den beweis erbringen, dass ich es noch hinkriege, so tun, als wäre ich einer von euch – siehe auch: sozialverträglichkeitstandarts
mit besten grüssen
patient pierroz
ps: kurz bevor mich dein kommentar erreichte, blätterte ich im buch »die welt von gestern« (1944) von stefan zweig und las folgendes, zitat:
denn dies unterschied den ersten weltkrieg wohltätig vom zweiten: das wort hatte damals noch gewalt. es war noch nicht zu tode geritten von der organisierten lüge, der „propaganda“, die menschen hörten noch auf das geschriebene wort, sie warteten darauf. während 1939 keine einzige kundgebung eines dichters weder im guten oder im bösen auch nur die mindeste wirkung zeitigte, während bis heute kein einziges buch, keine broschüre, kein aufsatz, kein gedicht innerlich die massen berührte oder gar in ihrem denken beeinflusste, vermochte 1914 ein vierzehnzeiliges gedicht wie jener „hassgesang“ lissauers, eine manifestation wie jene törichte der „93 deutschen intellektuellen“, und andererseits wieder ein aufsatz von acht seiten wie romain rollands »au-dessus- de la mêlée«, ein roman wie henri barbusses »le feu« ereignis zu werden. das moralische weltgewissen war eben noch nicht so übermüdet und ausgelaugt wie heute, es reagierte vehement auf jede offenbare lüge, auf jede verletzung des völkerrechts und der humanität mit der ganzen kraft jahrhundertealter überzeugung.
zitierte textstelle in: stefan zweig »die welt von gestern« bei projekt gutenberg (abschnitt 5)
und für diese irritationen, diese zaubereien und manifestationen aus einer hand oder mit zwei händen an den maschinen und dem schreibmaschinchen verbleibt kaum noch zeit
?
freitag, 12.Apr. 20:18h
wie literatur, bücher und notizen beschaffen sind,
jenes ist dem homo faber kaum egal: weder schwarz auf schwarz, noch weiẞ auf weiß,
weiẞ auf schwarz, neongrün auf schwarz und schwarz auf weiẞ
gedruckt.
bücher,
mein wunsch und ziel ist durch bücher zum »urteilsvermögen« zu gelangen.
fundiert, ausgestattet und untermauert mit umfangreichen wissen
der „geistesgeschichte“, so dass mir so schnell keiner ein x für ein u vormachen kann.
wenn wir den grundthesen der kultur-, literatur- und kunstwissenschaften folgen, oder falls wir diesen »grundthesen« vertrauen, dann leben wir in ordnungen von »zeichen« und »narrationen«, die uns dabei helfen, sinn in den verlauf unseres lebens zu bringen und dabei auch mit jenen anteilen fertig zu werden, die uns mehr oder weniger unvorbereitet zustoẞen.
während uns konstruktivistische theorien (kommunikation) suggerieren, dass alles vom netz der zeichen erfasst und ihrer logik unterworfen ist, so macht sich zugleich auch immer mehr der verdacht breit, dass hier ein rest verbleibt, vom dem immer wieder »irritationen« und auch tiefgreifende störungen, bedrohungen und brüche ausgehen.
der psychoanalytiker jacques lacan hat für dies gewisse »etwas«, das sich dem signifikationsprozess grundsätzlich entzieht, den begriff des »realen« eingeführt: »das reale oder das, was als solches wahrgenommen wird, ist das, was der symbolisierung absolut widersteht«.
dies etwas ist das unfassbare, das unbeschreibliche, das unverfügbare und das, was sich der bedeutungsgebung entzieht, sobald geschrieben, gelesen und vorgelesen wird
nur kurz den begriff homo faber erläutern: wird als »der mensch als handwerker« als schaffender, seine umwelt durch eingriffe verändernder typus verstanden – ob du ein urteilsvermögen dir anlesen kannst bezweifle ich, persönlich ziehe ich das sammeln von erkenntnissen durch werkeln, probieren und improvisieren vor – eben, als homo faber.
das x für ein u vormachen, das tut man meistens sich selber, auch ganz ohne fremdeinwirkungen, aus diversen gründen – schon dass man das, was einen umgibt, und vieles ist für uns menschen unergründlich, versucht mittels x oder u habhaft zu werden, schwächelt schon sehr und erzeugt eine hervorragende grundlage für weitere fehlgriffe.
den grundthesen der kultur-, literatur- und kunstwissenschaften folgen – naja, kann man, um sein menschsein kennenzulernen, hat man wohl auch nicht wirklich eine alternative, mit der notwendigen portion gesunder skepsis, lässt sich damit eine art orientierungshilfe gestalten, andererseits bleibt ein unbehagen, weil die kultur-, literatur- und kunstwissenschaften der menschen auch den für ihre spezies fatalen hang zur selbstzerstörung enthält, sprich, es gibt da ein auf- und ab, und wer darin einen sinn im allgemeinen und/oder einen für sich zu entdecken glaubt, dem ist nurmehr schwer zu helfen; die sinnfrage finde ich eine, die man ruhig überspringen kann – es braucht ihn nicht, den sinn.
diesen von dir umrissenen rest, den finde ich interessant, dort fängt für mich das, was ich als das lebendige vermute an, und somit die daraus entstehenden irritationen, und anteil der wohl fast einzigen passage zu so etwas wie einer vorstellbaren wirklichkeit, ein also quasi realen startpunkt für etwelche unternehmungen, genauer: irrfahrten. um gerade das herauszuschälen versuchen, habe ich das büchlein »was bleibt sind irritationen« schreiben müssen.
diese these von jacques lacan, dass sich das vor oder hinter dem essentiellen der bedeutungsgebung entzieht (weil es sofort in symbolischen ordnungen einfriert) sobald geschrieben, gelesen und vorgelesen wird, finde ich sehr schön, erinnert mich ein wenig an die grundfesten der zen-lehre, oder mir begegnete dieses „etwas“ letzthin so, dass ich bei mir dachte: wenn einer ein buch schreibt, dann weil dieser etwas fühlt oder ihn etwas bedrängt, dass er nicht sagen kann, und so versucht er es zu schreiben, vielleicht schreibt er fünfhundert oder mehr seiten, er wird es nicht sagen, nicht hinschreiben können, aber die, die dieses buch lesen, werden das, was er nicht sagen kann zeile für zeile wahrnehmen (wenn das buch gut geschrieben ist) und so am gefühl des autoren teilhaben, dieses „etwas“ wird mit dem leser quasi zwischen den zeilen kommunizieren.
meine erfahrungen mit der sprache sind die, dass ich immer wieder an deren (oder sind es meine?) grenzen der ausdrucksmöglichkeiten stosse. schlimmer noch, ich empfinde nicht nur die ausdrucksmöglichkeiten der sprache begrenzt, die sprache zieht durch ihre beschränkungen grenzen, somit fällt dieses „etwas“ durch die maschen – wäre aber dieses ungenügen nicht, gäbe es wahrscheinlich auch kein „etwas“, dann wäre jeglicher zauber weg – die lyrik ist vielleicht gerade darum die königsdiziplin, weil es ihr immer wieder gelingt durchlässigkeit zu erzeugen, grenzen niederzureissen und den ausdrucksraum der sprache zu erweitern
mit besten grüssen, patient pierroz