#LSD75 – Chilbi in Basel

„Man tut nicht wohl, sich allzulange im Abstrakten aufzuhalten. Das Esoterische schadet nur, indem es exoterisch zu werden trachtet. Leben wird am besten durchs Lebendige gelehrt.“ (Goethe:
Maximen und Reflexionen)

Die von Dr. Hoffmann vor 75 Jahren im Labor erfolgreiche Synthese einer natürlich vorkommenden chemischen Verbindung mit einer psycho-aktiven Wirkung, wird in Basel mit einer LSD-Chilbi gefeiert. An dieser Grossveranstaltung werden, wie bunte Insekten bei einem grossen Misthaufen, eine Schar unzähliger Spiritisten, Psychonauten, Hobbymagier, Drogengurus, verwirrte Kunstschaffende und die übliche Schar von Erleuchtungs-Marktfahrer*innen jeglichen Couleurs, teils angeworben, in jedem Fall aber angezogen. Die Begeisterung bei der angesprochenen Gemeinde ist gross.

Wir von Vitaltransformer begegnen dieser Feier, wie man in der Einleitung bereits spürt, eher kritisch. Aus diesem Grund haben wir einem mit uns befreundeten Alt-68ziger, mit spezifischen Erfahrungen, ein paar Fragen zum Nutzen der Substanz und den soziokulturellen möglichen Auswirkungen gestellt. So entstand der folgende Bericht.

Die Wirkung von LSD an und für sich sei einzigartig, es gäbe kaum etwas, was dem nahe komme, etwas vergleichbares, etwas was dieser Wirkung entspricht. Auch Meditierende, wenn sie von ihren Erlebnissen erzählen, klingen nüchterner.

Man erlebe nach der Einnahme von LSD nach kürzester Zeit eine radikale Veränderung der Wahrnehmung. Es sei etwa so, wie mit einem hohen Berg, einem Achttausender. Man geht da rauf und habe dort oben etwas gesehen, das man sonst nie gesehen hätte, und ist dankbar und hat Freude dafür, dass man das erlebt hat. Aber man geht einmal auf einen Achttausender und nicht immer wieder, jeder weiss, dass man dort oben nicht Leben kann.

Eine LSD Erfahrung sei solch ein Sprung weg vom Normalzustand, dass keine gesellschaftsfähige Form einzurichten möglich ist. In unserer Kultur muss ja alles immer in einen Nutzen münden, einen Nutzen ausweisen können. Wenn die Substanz in irgendeiner Form eine Hilfe wäre, könnte man ja eigentlich nichts dagegen haben.

Es gäbe zwar auf dem Markt Mini – und Mikro-Dosen, die man sich in die Nasen sprayen, um leistungs- und konzentrationssteigernde Effekte zu erzielen – einmal mehr ein typisches Produkt einer sich selbst verzehrenden Leistungsgesellschaft.

Der spezifische Wirkungsgrad von LSD aber, sei exoterial und im Dasein nicht integrierbar. Darum haben damals in den 68zigern, wo viele das konsumierten, angefangen zu spinnen. Diese Mühe hatte man damals.

Durch den Gebrauch von LSD gefährde man seine Lebensweise. So schnell kann man den in seiner natürlichen Umgebung gewachsenen Geist nicht herausrenken und so im hopp auf ein Schnellzuggleis wechseln, dann beginne man zu spinnen, handle sich Depressionen ein etc. An einer LSD’schen Lebensweise seien ja die Helden von damals gescheitert, zu schnell verbrannt; Sid Barret, Jimi Hendrix, Jim Morrison.

Eigentlich spinnen wir Menschen ja sowieso und sind darauf angewiesen uns durch Gewohnheiten zu beruhigen. Spinnen ist keine Kunst; normal zu sein und zu bleiben viel die grössere. Ein unangenehmes Gefühl sei spürbar, weil diese #LSD75 Veranstaltung in Basel eine falsche Signalwirkung habe. Da tummelten sich zu viele Unbelehrbare, Fanatische, die Wahrheiten für sich beanspruchten. Solche Geister checken eh nichts, denen fehlt die Kombination aus Spirit und Nüchternheit, wie sie zb. Goethe pflegte. Unsere geistige Evolution ist an einem Ort, wo eine Substanz wie LSD nicht integrierbar ist – dafür müsste die Menschheit sich insgesamt bewegen.

2 Kommentare

  • Liebe Betreiber/innen dieser Seite,

    vielen Dank für Ihren Kommentar zum Festival LSD75, ich bin voll bei Ihnen wenn es darum geht, vor Drogenmissbrauch und seinen kurz- wie langfristigen Folgen für Indiduum und Gesellschaft zu warnen. Ich schätze kritische Perspektiven und möchte Sie dennoch bitten, nicht sämtliche Veranstalter/innen und Mitwirkende als „esoterische Spinner“ abzutun und sich ein wenig genauer mit den einzelnen Elementen des Festivals zu beschäftigen. Im Zentrum der Veranstaltung steht ein wissenschaftliches Symposium und die Velotour „Bicycle Day“, die ich nebenbei veranstalte, steht im Zeichen der Basler Chemie- und Pharmaziegeschichte. Wir arbeiten hier mit dem Pharmazeutischen Museum der Universität Basel zusammen, die einen kostenlosen Eintritt für die Teilnehmer/innen ermöglichen. Auf dieser Velotour sind selbstverständlich keinerlei psychoaktive Drogen gestattet.

    Ich verstehe, dass Drogenkonsum ein polarisierendes Thema ist, das immer wieder gesellschaftspolitische Diskussionen aufwirft und auch fast jede/r eine persönliche emotionale Geschichte dazu hat. Und selbstversändlich bietet die das Event durch das tabuisierte Thema einen Anlaufpunkt für allerhand gesellschaftlich randständige Positionen. Dies lässt sich nicht vermeiden und solange keine verfassungsfeindlichen oder menschenverachtenden Äußerungen darunter sind, sollte ihnen erst einmal mit der nötigen Toleranz bezüglich Kunst- und Meinungsfreiheit begegnet werden. Kritik äußert man nicht, indem man Personen pauschal pathologisiert und diskreditiert – und bewirkt vor allem keine Meinungsänderung beim Gegenüber. Aus diesem Grund und der abwertenden Insektenmetaphorik habe ich auch Ihre Verlinkung gelöscht. LSD und andere psychotrope Stoffe wurden in den letzten Jahrzehnten stark mystifiziert und zur Projektionsfläche tieferreichender gesellschaftspolitischer Bewegungen, Debatten und Utopien. Sie wurden immer wieder legalisiert, verboten, reguliert, tabuisiert, vergessen und wiederentdeckt. Der Konsum von Drogen – und leider auch sein Missbrauch – wurden für viele zum Hoffnungsträger für künftige gesellschaftlichen Wandel. Sowie auch die Gegener/innen nicht nur gegen Drogen waren, sondern immer auch gegen diese (progressiven) Ideen mit denen die Befürworter/innen sie verknüpften (da würde ich mich an Ihrer Stelle einer Reflektion bezüglich eigener Standortgebundenheit unterziehen). Es ist zudem kein Zufall, welche Substanzen in welchem soziohistorischen Kontext „Konjunktur“ haben: Kokain etwa galt/gilt als Droge des Turbokapitalismus und der Leistungsgesellschaft, Opium als Droge der gesellschaftsverweigernden Künstler/innen und Schöngeister. LSD wurde jedenfalls in einem pharmazeutisch-medizinischen Industriekontext entwickelt. Mittlerweile ist die Forschung wieder dabei, neue Anwendungsbereiche für LSD-Derivate zu erschließen, insbesondere im psychiatrischen Kontext. Die Geschichte des Stoffes ist sehr heterogen und zeigt auf einzigartige Weise die vielfältigen Verbindungen von Wissenschaft, Spiritualität, sozialen Bewegungen, Technologie, Politik, Industrie, globaler Geschichte, einzelnen Personen, etc. Ich selbst pflege dazu die distanzierte Haltung einer Wissenschaftssoziologin und Historikerin, die sich des permanenten gesellschaftlichen Wandels bewusst ist und über die Vielgestalt gesellschaftlicher Phänomene reflektiert. Ich interessiere mich vor allem für die historischen Aspekte und möchte auf dem Festival studieren, für welche tieferliegenden Tendenzen LSD und andere Stoffe in der heutigen Gesellschaft steht. Gerne können Sie sich mir dabei anschließen.

    Der „Bicycle Day“ und das Festival setzen sich auch mit der Rezeptionsgeschichte des LSD durchaus kritisch auseinander und wollen insb. den Missbrauch von Substanzen keinesfalls fördern. Die Veranstalter/Innen möchten das Event viel mehr verstanden wissen als eine Kunstform, die sich mit den gesellschaftlichen Zukünften beschäftigt und auf die Heterogenität und Multiperspektivität von Themen verweist, nicht als Drogen-Marktplatz. Soziale Probleme, die aus Drogenmissbrauch entstehen sind erheblich in der Schweiz (insbesondere Alkoholismus, Nikotinsucht und in letzter Zeit auch immer mehr Kokain, Amphetamine, etc.), sodass auf dem Festival auch verschiedene Einrichtungen der Drogenhilfe über ihr Angebot informieren.

    Ich möchte Sie herzlich zur Veranstaltung einladen, ihren Horizont zu erweitern, mit Menschen ins Gespräch zu kommen und ihre Meinung einzubringen und zu diskutieren. Falls Sie darüber hinaus Fachliteratur zum Thema Geschichte psychoaktiver Substanzen, „Basler Chemie“, Pharmazie, ect. wünschen, stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung.

    Mit freundlichen Grüssen,

    • Lieber LSD als Elektroschock – oder gibts heut schon so was wie n’digital orgasm und wo finde ich diesen Podcast? Danke für alle Hinausweise – nehme auch solche ohne Wasserzeichen.

Lass den Knüppel im Sack und teile Deine Denke mit uns...

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