»Poison the air« heisst das beim Pop-Quintet »Tim Freitag« im aktuellen Lied »Tip-Toe«. Englische Verse, nicht Identitätskrise, sondern marktgerechter Normstein, auch der Coolness wegen; und schon hat’s mich erwischt.
Kaputt die Kulturen, kaputt auch der Einzelne, inklusive seiner zwischenmenschlichen Beziehungen, sofern er sich noch welche leistet. Da kann auch die Invalidenhilfe für Kunst, der Duttweiler Konzern nicht helfen.
Wohltemperierte Ambiente verströmt das Video, darin ein alter Giftsack sich Erinnerungsbilder seiner Liebe zu einer asiatischen Kindfrau reinzieht. Anheimelnde Aspekte selbstzerstörerischen Trieblebens.
»Tim Freitag« schaffen zeitgenössische Interpretationen von über alle Menschenzeitzalter unverändert gültiger Tragik. Dass diese im Mainstream aufstrebende Band für einmal anstatt parfümierter Badewannenromanzen auch seelische Abgründe in das zu spielende Repertoire aufnehmen, zeigen Wirkung.
Der Song »Tip-Toe« gelingt als qualitativ hochwertiges Stück Popkultur, Radikalität inbegriffen. Auskratzung einer Liebe als wärs eine Abtreibung. Die stilsicher verarbeiteten Soundpartikel erzeugen eine verblüffend musikalische Dringlichkeit.
Der Verdichtung der plötzlichen Reize wegen, die im Hirn noch stärkere Kicke auslösen, mögen wir diese knallhart produzierte Musik. Kicke für Giftsäcke die wir sind, Kaputte mit Lust am Seelenpein. Tief inhalieren also, die mit Liebe vergiftete Luft.
An alle Raubritter und Wegelagerer: Für alle Inhalte dieser Website, ob Text, Bild, Video oder Audio, gelten Urheberschutzrechte. Die Autoren dieses Beitrags sind:Text: »Der Tote Koller« / Video: Tim Freitag / Beitragsbild: Videosnapshot aus Tim Freitag Video
Ein Kommentar
„auskratzung einer liebe als wärs eine abtreibung.“
Du magst nie weder die Erfahrung von Abtreibung oder Auskratzung erlebt haben / erleben werden – dies mit einem banalen Stück Pop zu vergleichen ist… So ein dahingerotzter Satz ohne Kontext und Notwendigkeit ist dumm. Und er schmerzt.