Dä »Siebesiech« hat Paul Weixler auf der Grundlage eines Textfragments von Thomas Comioto geschrieben. Die Wendung »Er hät wie wild am Läbe grisse grad wie’s Schlachtvieh risst am Schtrick uf de Suechi nach äm schnälle Glück« sei laut Paul zum Beispiel von Comioto.
Paul und ich haben diesen Song bei unseren gemeinsamen Performances immer gerne gespielt. Vor kurzem habe ich ein kleinen Ausschnitt einer eigenen Version vom »Siebesiech« auf Youtube publiziert. Kollege Paul hat sich über meine Interpretation sehr gefreut und diese rege kommentiert. Die hier publizierten Kommentare sind eine komprimierte Version unserer Konversation.
Paul: Brawo Pijärrroh ich bin so stolz uf Dich, wiso hämmär das nöd scho frühener usägfundä ?
Pierroz: Herzlichen Dank für die Blumen lieber Paul, und ich weiss auch nicht, weshalb wir früher so deppert waren, wird aber so nehme ich an in den Bereich der Naturgesetze fallen…
Paul: Aso Pijärrrroooh, äs wär gar nöd so schwiirig, will das bini jetz’grad am usäfindä,,,,… ähezhanisdochgradnogwüsst….. da, mir sind nämli inärä Entwickligsspiralä gägä opsi. Mä fangt tüüf I sich innä a us sich sälber usägah und singt ganz eifach hallelujah aso bliib drah das isch ä Revoluzion ich tanzä us dä Reihä ich schwümmä gägä dä Schtrom ich mueäss mi befreiä
Pierroz: Hab mich ja schon gefragt wie lange es geht, bis du mit Deiner maledeiten »Erlösungsphantasieritualik« daherbraust: Was für ein kapitaler Dachschaden, den Du Dir da angelacht hast und den Du als fröhlicher Rentner eigentlich ja gar nicht zu Felde führen müsstest. Aber immerhin, der Mann hat Referenzen…
Im Gegensatz zu Dir, muss ich mich ja noch immer im täglich unerbittlichen Gefecht als multipler Härtefall und Hochrisikopatient entweder beweisen oder verteidigen; beides, nebst dem auf mir schwer lastenden »evolutionären Druck« ein unerfreulich und nervenaufreibendes Tagesgeschäft, weitab von der von Dir so hochgepriesenen »Schmerzfreiheit«. Aber eben, Dich mit Demut zitierend »Die Wahrheit ist bitter und hat einen ganz schlechten Ruf«
Paul: adämitemdachschadädächunthaltimmerwiider es isch eifach so das ich ja muss dämit Läbä ob I wott oder nöd….. …. …solang i ä schtrategii han gats mär besser, und ich mueäss scho chli drahbliibä. Was i grad am lärnä bi isch das I mini Situation unmöglich chan beurteile : »Denn was neu ist wird alt und was Gestern noch galt stimmt schon heut oder morgen nicht mehr.« Hannes Wader 1970.
Es nützt där eifach gar nüt wänn s där seelisch verschisse gaht und es Isch au nöd zum ushaltä… ja abär nei da mach ich nümä mit ja abär nei wills öpis besseres git Es isch eifach so das mä us dä Panik usä nöd chan funkzioniärä und ich mueäss lärnä mit minä Psychosä z’läbä ohni das I muess Medis frässä wiso muss ich mich rächtfärigä wie ich i däm Scheiss überläbä, überigäns han I no än neuä Schluss für »Todsicher« usägfundä: »hett ich das alles vorhär gwüsst dass das ewig wird wiitergah wänn mich nämli nöd alles tüscht fangt jetz dä Spass ersch richtig aa«.
Ich ha ja zersch emal müsse lärnä a d’Ursach vo dä Psychosä anächo Gfühlsimpulschettereakzionautomatismus aso unbewussti Programiärigä. Du döfsch di natürli scho luschtig machä übär min Dachschadä Du machschäs abär au nu will s‘ Gefühl häsch es gaht dir dänn besser. Und das isch dänn halt Din Heilsplan, probiärä gaht übär schtudiärä ja und susch chunnsch halt wiidär solang mär no da sind dä Tüüfel zeigt wos durägaht und führt mich hintär s’Liecht er offäbart siin g’heimä Pfad wo mä duräschliicht.
Pierroz: Entschuldige Paul, ich mach‘ mich nicht böswillig über Dich und Deine Situation lustig, hab halt so meine flapsige Art Dinge darzustellen, ich mein‘ Du kennst mich ja… Unser Leben als Patienten, die wir ja alle mehr oder minder sind, hat nunmal auch seine komischen Seiten, oder bietet einem Möglichkeiten solcher Blickwinkel an. Was ich übrigens eine sehr gute und heilversprechende Sache finde, falls man sich auf Heilung eingeschossen und mit solchen Dualismen wie Krankheit und Gesundheit hausieren gehen mag. Heisst es nicht im „Truurchranz“ so schön…. »Ich gseh us wiä n’es Gschpänscht, wo mit sini Ängscht umehuusiert«
Paul: Lieber Pierroz gerade bin ich dabei einen Vortrag über das unkonditionierte Bewusstsein abzuschreiben , also den Bewusstseinszustand den wir hatten, bevor wir durch die soziale Gehirnwäsche von Anerkennung Leistung und Konkurrenz geprägt worden sind.
Wir bemerken es gar nicht, wenn wir diese selbstschädigenden Konditionierungen ständig wiederholen und automatisieren. Darum ist es auch so schwierig daraus auszusteigen. Das ist auch eindeutig die Ursache warum ich durchgedreht bin. Weil ich diesen Programmen nicht gehorcht habe. Und das wiederholt sich jetzt endlos.
Du signalisiert sofort Widerstand, weil es Dir nicht mehr wohl ist, wenn ich mit „Deiner“ Konditionierung in Konflikt komme, und attestiert bei mir einen Dachschaden.
Pierroz: Lieber Paul – das klingt sehr interessant, bedingt aber, wenn man sich denn tatsächlich auf denksportlicher Ebene auf solche Dinge einlassen will, ein möglichst sauberes Arbeiten. Dazu wenden Forschende ihre Aufmerksamkeit meistens primär den Begriffen zu, die sie, um zu kommunizieren verwenden möchten und untersuchen, ob denn alle Beteiligten darunter in etwa dasselbe verstehen, oder geben einen Beipackzettel zu einem Begriff mit. Dieses von Dir aufgegriffene „unkonditionierte Bewusstsein“ ist darum bereits ein ziemlich defter Happen und falls ich gewillt wäre den zu kauen, dann kaute ich mal für ne Weile, auf jedenfall so lange, dass ich mir vorgängig besser überlege, ob ich denn damit überhaupt anfangen soll, weil wie Du ja selber sicher schon bemerkst hast, stimmt nebst dem Beten auch das Denken einen auch immer nur noch trauriger…
Paul: Das geht sogar noch weiter, diese Konditionierung sind alte seelische Verletzungen die noch nicht abgeheilt sind und immer weh machen, wenn sie berührt werden. Es sind tatsächlich wie Vampire die unsere Lebensenergie absaugen und sich auflösen sobald sie dem Licht ausgesetzt sind. Isch schon spannend?
Pierroz: Ja, spannend, aber eben, wie ich bereits vorgängig erläutert habe, braucht es saubere Denkgrundlagen. Kommen in einem Artikel Begriffe wie zb. „alte Verletzungen“ vor, dann leuchten bei mir alle Alarmlampen auf, und ich schau mich mal genauer um, und meistens bemerke ich dann, dass ich mich trotz besseren Wissens wieder eimal in eine Hokuspokus-Weihnachtsauslage der Esoterikunterhaltungsindustrie verirrt habe und Pfui-Teufel kann ich das nicht ausstehen…
Paul: Läck Piärro ich has usägfundä: äs isch genau wi bim Höhlägliichnis da chum ich jetzt also mit dä richtigä Lösig, und es isch di einzig richtig Lösig, äs git ja totsicher kei andäri. Abär wänn dänn d’Ärlösig tatsächlich würkli da isch und diä isch würkli da susch gäbz ja gar kei Ärlösig, dänn chunt diä Angscht und dä ganz Konflikt as Licht und das macht natürli Angscht, will jetz’muäss mä ja dra glaubä, susch wär si ja gar nöd da. Ja keis Wundär bin ich duräträht das wär d’Lösig wänn mä nümä würd durädrähjä
Pierroz: Sehr gut Paul, jetzt musst Du ja eigentlich nur noch von der Erlösung erlöst werden, dann vögelst Du schwerelos im Raum – find‘ ich übrigens nicht unbedingt die passende Jahreszeit, um in eine Höhle zu kriechen, nur um dann einen Blendeffekt beim Wiederhinaustreten abzuholen…
Nichts desto trotz bin ich natürlich ungemein froh um Dich und Deinen Dachschaden, denn erst durch Dich und Deinen Dachschaden habe ich mich selber wahrnehmen und zum Teil erkennen können! Du hilfst mir auch dabei meine Konditionierungen meines Dachschadens auf undichte Stellen überprüfen, klar dass dabei natürlich auch zu Tage tritt, dass ich der cleverere von uns zwei bin.
Durch Dich lerne ich aber auch, wie schlau es ist einen Dachschaden plakativ vor sich herzuschieben, weils sichs dahinter nämlich ganz gemütlich und ohne permanente Erklärungsverlautbarungen und Statuskundgebungen an eine doch mehrheitlich depperte Artgenossenschaft leben lässt, effektive Privaträume oder auch »Heterotypien« (Foucault) schafft.
Dein „Siebesiech“ ist ja auch nichts anderes, als dass irgendwer hinaustrompetet und zu wissen behauptet, was ein anderer sei. Der Betroffene aber und diese Dinge bleiben ja oft im Verborgenen, hat sich vielleicht gesagt: Schon recht, ich mache gerne für euch „dä Siebesiech“ dafür habe ich meine Ruhe, die Nummer vom „Siebesiech“ durchzuziehen, kostet mich nicht viel Speuz, den könnt‘ ihr haben. Ich krieg dafür die Freiheit der zu sein der ich will, vielleicht auch niemand zu sein, wenn ich das will. Behaupte mir nun ja nicht, diesbezüglich nicht genau Bescheid zu wissen, Du mit Deinem vorgeschobenen Dachschaden…
Paul: Ahoi Piärro han ä paarmal probiert aazlüütä hoffänli ha di nöd värruckt gmacht jedäfalls bin i begeischtäret was gschribe häsch Du chasch würkli öpis, Wältlieratur chasch fasch nümä schteigärä, aso mir isch’s jedäfalls viil z’höch. Ussär min vorgschobänä Dachschadä wär no ä Steigärig mögli, als vorverschobänä odär sogar undergschobänä Dachschadä; da tröpflet öpis, abär nöd schlimm, nöd värruckt…..
Schlussbemerkung: Währenddem Paul den obigen letzten Kommentar schrieb, rief ich ihm zurück und wir sprachen eine gute Stunde miteinander. Er berichtete mir von einer Begegnung mit einem alten Mann auf dem Üetliberg, den er im Eindunkeln angetroffen und diesen den Hang hinab begleitet habe, da dieser wie er sagte, im Dunkeln kaum noch was sehe und der ihm dann aus seinem Leben und vor allem einem Verfahren, dass er nun bis vors Bundesgericht gezogen, das einmal mit einer Zusage einer Durchquerung zwecks Zugang zu Bauarbeiten bei einer Nachbarin eigentlich völlig harmlos begonnen und ihn nun nicht nur ums Geld, sondern auch fast um den Verstand gebracht habe. Paul erzählte mir das, weil er sich darin teils selbst wiedererkannte, er der sich in diese »Züri brännt« – Geschichte derart festgefressen habe und ihn befalle ein Grauen in der Vorstellung, in 20 Jahren noch immer an dieser alten Wunde herumzukratzen…
Bitte um den ersten Kommentar.