Im Zuge einer aktuellen Zusammenarbeit habe ich Maja Kopp, deren Kunstschaffen ich seit fünf Jahren mitverfolge, sie selber aber nur flüchtig kenne, ein paar Fragen gestellt.
Pierroz: Wie hat das eigentlich angefangen mit diesen Männchen? Wann bist du ihnen das erste Mal begegnet und was ist dann geschehen?
Maja: ah mit den männchen (die natürlich genauso frauchen sind). die waren eigentlich nie wie eine erfindung oder ein erschaffen. ich glaube sie waren immer schon da in mir. wenn man etwas ausdrücken will, braucht man irgend ein mittel dazu (musik, worte, farben … oder männchen). um mich auszudrücken, habe ich einfach irgendwann (vor vielleicht 15 jahren?) die männchen verwendet, die da in mir waren. sie haben sich mit der zeit leicht gewandelt, aber nur leicht. das war ein ganz natürlicher, intuitiver vorgang – also ich habe nicht überlegen müssen, hmmm, womit könnte ich mich jetzt ausdrücken, ich müsste wohl ein männchen kreieren. ist das eine antwort auf deine frage?
Pierroz: Du arbeitest vornehmlich mit Schwarz. Farben kommen nur sehr selten ins Spiel, warum?
Maja: schwarz – das kommt daher, dass ich durch und durch schwarz-weiss-denkerin bin (was nicht immer nur vorteilhaft ist). früher war ich noch viel extremer. es gab ausschliesslich rein schwarz und rein weiss (papier). kein grau, keine fliessenden übergänge. heute kann ich übergänge zulassen und immer wieder kommt auch etwas farbe vor. mein „zuhause“ bleibt aber das schwarz-weiss (resp. heute oft schwarz-holz,schwarz-metall, etc.). da fühle ich mich am sichersten und wohlsten. zudem hat schwarz etwas unaufdringliches, es lässt dem*r betrachtenden viel spielraum um sich das bild selbst auszumalen.
Pierroz: Deine Männchen werden von teils grossen schwarzen Monstern heimgesucht, die gerne ihren gefährlichen Rachen aufreissen. Ich denke mir, dass diese Kreaturen die Ängste symbolisieren die, wie ich deiner Website entnommen habe, dein Dasein mitprägen. Deine Männchen werden aber auch von allerlei Getier begleitet, wie Fische, Vögel, Katzen, Hunde und Esel. Nehmen wir mal die Fische: Sind das auch Symbolfiguren und wenn ja, für was stehen sie?
Maja: die monster gehören zu mir. ich habe ganz viele monster in mir. sie sind meine ängste, sorgen, gedanken und freuden. sie sind böse und gefährlich, immer aber auch freundlich und liebenswert. für mich sind sie ganz real und ich drücke mit ihnen meine gefühle aus. ich lasse offen, was der/die betrachtende in den monstern sehen will. ich weiss, dass sie für die einen düster und negativ sind, andere sehen sie mehr mit (schwarzem) humor.
die fische – haben eine spezielle bedeutung. ich fühle mich in unserer gesellschaft und unter menschen oft wie „falsch“, am falschen ort. im falschen element. deshalb fasziniert mich die (unmögliche) begegnung mensch – fisch, sie drückt dieses „sich falsch fühlen“ bildhaft aus. vielleicht nicht ganz verständlich, aber so sehe ich das. manchmal sind die fische, wie auch alle anderen viecher, auch einfach humor-elemente. gerade bei etwas düsteren bildern setze ich gern einen kleinen humor-gegenpol.
Pierroz: Du und ich, wir haben uns ja 2016 an der Kettenreaktion in der alten Zellulosefabrik Attisholz bei Solothurn kennengelernt. Liege ich richtig, dass die Teilnahme an diesem Projekt für Dich und Deine künstlerische Entwicklung ein Kraftort war und Deine Arbeiten wesentlich vorangetrieben haben?
Maja: ja da liegst du richtig! ich würde das attisholz nicht nur kraftort, sondern auch mutort nennen. denn damals, 2016, wagte ich zum ersten mal den schritt vom a4-papier auf mauern und wände. gross, sichtbar und selbstbewusst – das war komplett neu damals. ja und natürlich der inspirierende ort, die leute, die atmosphäre – das alles hat mir mut und flügel verleiht. ich habe es geliebt, in diesen alten mauen zu arbeiten, oft ganz allein und doch in gemeinschaft mit anderen künstlerinnen und künstlern. eine grosse horizonterweiterung für mich.
Pierroz: Du hast vor kurzem eindrückliche Bildwerke für das Pierroz-Video »Spring vom Dach« geschaffen – wundervoll – Danke! Zudem arbeiten wir seit einigen Wochen an einem mittlerweile bereits zweiten Dialog. Wir senden uns Bilder und Lyrik wie Briefe zu und kommunizieren so miteinander. Wie fühlt es sich an, wenn jemand, so wie ich jetzt und den Du eigentlich kaum kennst, mit Sprache unter Deinen Bildern herumfuhrwerkt?
Maja: jedes bild ist ja eine aussage, eine botschaft, die ich in die welt stelle. ich schätze es sehr, wenn ich darauf antworten bekomme. das ist auch mir^t ein grund, warum ich gern ausstelle. da kommt auf mein „reden“ etwas zurück, das mag ich. ich habe lange ausschliesslich „für mich selbst“ gemalt. das ist zwar schön und gut, aber irgendwann erstickt man in seinen eigenen auswürfen und kann sich selber nicht mehr „hören“. deshalb machen mir solche projekte, wie ich sie jetzt mit dir führe, grosse freude.
Vielen Dank liebe Maja, -grosse Freude- ja mir gehts genau so und es wäre natürlich sehr toll, wenn wir’s damit auch über die Papierränder hinaus, und an Wänden und Mauern hochwachsen würden. Wir werden sehen. Unterdessen bedanke ich mich für Dein Mittun und freue mich auf weitere kreative gemeinsame Schaffenszeiten. Herzlichst Pierroz
Service Public: Maja Kopp Homepage / Maja Kopp bei Kettenreaktion
3 Kommentare
dialogische Zusammenarbeit Bilder – Lyrik – Briefe – der Duft und Geruch des Papiers aus der Versandtasche genommen, um über den Rand und Grad zu kommunizieren. Über diesen Bericht – Interview – Zusammenfassung weiter zu lesen, schreiben und die Information zu tragen. Da diese mir mehr als gefallen (gefallen, klingt & tönt jetzt ziemlich platt, banal und einfallslos) – ebenso wie lesenswert. Doch wie wäre auf einen solchen Beitrag mit „Lass den Knüppel im Sack und teile Deine Denke mit uns…“ zu reagieren?! Und schwarz etwas unaufdringliches zu attestieren, dies ist die Höhe der Zeit, die es dem*r betrachtenden überlasst so viel spielraum um das bild für sich selbst auszumalen: vergleichbar dem freien und schwindelerregenden Fall aus höchster Höhe beim „spring vom dach“. (Welches als paradoxe Intervention aufzufassen wäre, denn als konkrete Handlungsanweisung für den Patienten pierroz im Kunstsanatorium wäre es zu lebensgefährlich) *Wie wirklich ist die Wirklichkeit* (#PaulWatzlawick). Und ja, wie fühlt es sich jetzt an (Beziehungsaspekt der Kommunikation), wenn jemand, so wie ich, und den du eigentlich kaum kennst, auch mit sprache & Text unter deinen bildern, Musik, Blog und Bericht sowie Eurer Zusammenarbeit kommentierend stümperhaft & repetierend herumfuhrwerkt?! So viel kann ich quasi zur Entschuldigung & Empathie vorweg mitteilen: auch ich habe lange ausschliesslich „für mich selbst“ für die schwarzen Mappen und in die Blanko-Bücher gemalt. Und vermutlich fühlte ich mich von dieser Aussage, Argumentation und Stellungnahme sofort in- und affiziert. Ja, und dies ist zwar schön und gut, aber irgendwann erstickt man in seinen eigenen auswürfen (ausdrücken) und kann sich selber nicht mehr (sehen, geschweige denn) „hören“. ((oder die eigenen Arbeiten & Texte nicht mehr lesen, editieren oder redigieren)) Da kam mir die Idee zwei #Sauerteigkulturen in Weizen (heute Weissmehl) und Roggen (heute eingetrocknet) anzulegen und zu pflegen, um #keinebrotloseKunst & #kunsttalk etc. als Kollaborationen (neben der Projektarbeit) zu initiieren. Mir machen solche projekte, wie ich sie jetzt mit dir – Euch – führe, grosse freude. Aus diesem Beweggrund würde ich mich sehr freuen, Euch im #kunsttalk – mit oder ohne life- und livestreaming – zoommeeting begrüssen zu dürfen, welches vollkommen freiwillig ist. Falls ihr mögt, könnten wir uns per zoom vorab treffen; wie gesagt nur ein Angebot zum Zusammensein
#kunstalk #special ist am freitag ab 18:00h auf anmeldung möglich // #kunsttalk Staffel 5. Thema #Musik 6. Folgen jeden zweiten dienstag ab 19:00h LiveStream
[…] man die Ausstellung sieht man sich gleich einmal mit den “Menschlein” von Maja Kopp konfrontiert und gewissermassen also auch mit sich selbst. Mich machen Majas Werke immer wieder […]