Da habe ich letzthin eine dieses Album in alle Himmel hochjauchzende Rezension gesehen und bei mir gedacht, tja, der schreibt wohl auch nur aus Freude seiner eigenen schönen Wortkunst wegen. Weit gefehlt, muss ich nun sagen, wo ich dieses Album, das Zweite von „Big Bold Back Bone“ mir anhöre.
Ein wirklich atemberaubend fesselnd faszinierender Hörgenuss. Auch meine Ansicht, wonach in der improvisierten Musik weder Trends noch eine Entwicklung auszumachen sei, eben gerade durch das Spielkonzept derselben geradezu verunmöglicht, muss ich nun spätestens nach dieser Hörerfahrung revidieren.
Dieses eine, etwas mehr als 40 Minuten lange Stück, fast ein symphonisches, hat eine sehr angenehme, ich muss fast sagen eingängig süffige Klangstruktur, die sich in einem sanften meditativen Lärmen, durch eine äusserst klangreiche Geräuschlandschaft bewegt. Die Dynamik der Energetik ist eine organisch sensible und umschmeichelt zärtlich meine Sinne. Dadurch öffnen sich meine Lauscher für’s Unerhörte, die feingesponnenen mir zugesandten Hörreize machen mich wach und aufmerksam.
Verschont bleibe ich andererseits von trotzigen akustischen Faustschlägen, die ich, vorbelastet durch Gewalterfahrungen dieser verrückten Anarchisten, immer sofort befürchte wenn ich eine Cd dieses Genres ins Gerät schiebe. Nein, für einmal darf man die Schutzausrüstung getrost beiseite lassen und ich könnte mir sogar vorstellen, mich nackt in die Flut dieser mildtätigen Schallwellen zu werfen…
Nun müsste ich den eingangs erwähnten Verdacht zu selbstverliebtem Geschwätz bereits an mich selber richten, zu meiner Verteidigung möchte ich aber sagen, dass solch anregendes Lärmen einen Schreiberling und dessen spielerischen Blödsinn entfaltende Einfallsgabe naturgemäss stimuliert, was wiederum ohne Einschränkungen als Ausdruck der Freude an dieser Musik bewertet werden darf.
Big Bold Back Bone: „In Search Of The Emerging Species“ mit Marc von Orelli, Sheldon Suter, Luis Lopes und Travassos
Hier der Link zum Label shhpuma, wo man diese Platte kaufen kann
Ein Kommentar
Atmen – Pulsieren – Herzen
Da hat doch einer auf der 450 km langen Hinfahrt und dazu auch noch auf der gleichlangen Rückfahrt zu einem einwöchigen Jazz-Seminar im bayrischen Burghausen zwischen Salzburg und München kaum etwas anderes gehört als diese Gegenwartsinstrumentalisten. Er liess mich wissen, dass er vor allem in den endlosen Tunnels diese Klang-kulisse als sehr belebend, ja geradezu interessant empfand. Wirklich empfehlenswert, aber Vorsicht bei Nebel und Glatteis.
JB