Ich war schon viele Jahre lang nicht mehr im Theater und ob ich mal eine Kabarettvorführung mir zugemutet habe, ich kann mich nicht erinnern, eher nicht. Gestern Abend schon, auch weil da zwei Kumpels von mir bei den Brüdern Brunner mittun, die machen dort die Frau an der Geige und den Mann am Klavier.

So schrecklich, dass einem der Angstschweiss kalt den Rücken runter fliessen würde, sind diese Lieder nicht, nein gar nicht, mir und dem Publikum haben sie sehr gefallen. Das schwarzhumorige und schräg Angriffige wird clever serviert, in dann doch nicht zu grossen Happen, die noch ohne selbstbeschämendes Würgen runterzukriegen sind. Es ist auch wohltuend, wenn man vielleicht selbst als ein politisch und gesellschaftskritischer Kopf , in so einer Vorführung und in den Versen dieser Kabarettisten eine Art von gemeinsamen Zweifel zu spüren kriegt. Hier im Theater Stok in Zürich wo die Truppe noch bis und mit Sonntag gastiert, kriegte ich das, und noch einiges mehr.

Die Szene wo einem 39 Peitschen Hiebe multimedial dargeboten werden, vergesse ich nicht so schnell wieder, die war ungemein stark und das Lied wo die Lösung aller Lebensprobleme in der uns aufwartenden Demenz anbietet, wurde gleich an dieser Premiere ein Hit und vom begeisterten Publikum ein Zweites Mal, als Zugabe gefordert.

Das Quartett bespielte die Bühne an ihrer Premiere wirklich überzeugend und kompakt. Die Lieder kamen und kitzelten einen von einer offenen Wunde in der Nächsten mit eigentlich nicht zu parierenden Degenhieben, weil durchwegs ziel- und treffsicher platziert.

Ein übertriebenes Schauspielern und Faxenreissen lassen die Vorführenden wohltuend beiseite und konzentrieren sich auf die Kernaussagen, die sich von der Kritik des eingeschränkt, spiessigen, verknorzten aber leider auch latent durch alle Jahrzehnte hindurch sich reproduzierende Schweizer Füdlibürgertum, bis zur Abdankungszeremonie eines destruktiv agierenden amerikanischen Präsidenten reicht.

Ein überaus reichhaltig und inspirierendes Programm mit einer guten Portion nahrhaft angriffslustiger Provokationen. Klar, wer in unsre Welt hinausschaut dessen Laune verdüstert sich, die Stirn zeigt Falten, aber hier wurde nicht Trübsal geblasen nein, die Gebrüder Brunner pflegen die Gestik des Trotzens und ich ging doch eigentlich auch munter und mit einigem Tatendrang auf den Heimweg.

Schreckliche Lieder // Brüder Brunner & Grossmeister Weber: Die Spieldaten