Denken ist gratis. Nein, ist es nicht. Nicht im geringsten. Denken braucht Energie. Der Mensch kriegt diese durch die Nahrungsaufnahme. Also muss was zum essen da sein.
Das ist, falls es überhaupt da ist, nicht gratis. Alle 5 Sekunden stirbt ein Kind unter 10 Jahren an Hunger.* Nebst regelmässiger und ausreichender Nahrung braucht das Denken auch Schule, es braucht Anreize, es braucht Zuneigung.
Es braucht eine humane Kultur (Frieden), sonst wird aus dieser Denke ein Monster. Praktisch alles was es braucht, um mit Denken zu beginnen und es zu lernen, kostet. Ich weiss nicht, wie Du, werter Igor Igorowitsch, dazu kommst, sowas wie „Denken ist gratis“**, in die Welt hinaus zu trompeten.
Ich kenne und schätze Dich als einen aufgeweckten, humorvollen und durch diese Begabungen in der Summe als einen intelligenten und symphatischen Mitmenschen. Deshalb bitte ich Dich nun freundlichst, um eine Erklärung.
mit herzlichen Grüssen
Dein Freund Pierroz
* Jean Ziegler „Wir lassen sie verhungern“ 2011 / „Beim Menschen bilden sich die Gehirnzellen bis zum fünften Lebensjahr. Erhält das Kind während dieser Zeit keine angemessene, ausreichende und regelmässige Ernährung, bleibt es sein Leben lang ein Krüppel.“
4 Kommentare
Das Problem des Denkens liegt nicht am Geld, sonst müssten die Afrikaner mit den Billionen von Entwicklungshilfe ziemlich schlau sein unterdessen. Es liegt an der Kultur. Gibt es Aufklärung oder nicht? Gibt es Selbstdisziplin oder nicht? Ein wenig Denken kostet nicht die Welt.
Die andere Frage ist, ob Denken glücklicher macht. Ich denke Sensibilität, das Fühlen von Stimmungen und das Gelingen von Kulturleistungen und Leben in der Gemeinschaft (nicht Gesellschaft!) machen glücklich. Da ist man in den von dir beklagten Weltgegenden, bei den „Krüppeln“ (ein etwas paternalistischer Ausdruck?), vielleicht besser dran als hier. Ganz abgesehen davon, dass die Leute in Afrika enorm schlau und lebenstüchtig sind und Erfolg hätten, wenn sie nicht so rasend schnell immer mehr würden.
Sozialkämpfern wie Ziegler, die „Revolution“ machen wollen zwischen ihren Gängen zum Steuerberater, wird das ewig verschlossen bleiben.
Denken wir doch nochmals ein bisschen nach: Als Afrikaner, der louisprima Kraft seiner Abstammung ja ist, müsste er sich über seinen Text, der seine Brüder und Schwestern zünftig herabwürdigt, eigentlich zünftig aufregen. Aber er merkt es nicht: Durch Ausblendung des Grossen Ganzen kann er Unterschiede zwischen sich und andern behaupten, die vollkommen irrelevant sind. Verschafft es ihm Glücksgefühle? Hat er sich in Afrika von der Schlauheit, Durchtriebenheit seiner Artgenossen überzeugt? Hat er mitbekommen, dass Afrika gerade als Rohstoffdepot und strategische Landreserve ausgesondert wird? Oder ist er sogar über seine Pensionskasse mit den ruchlosen Plünder-Eliten verbandelt, die den Kontinent mit Gewalt von Menschenrechten, freier Meinungsäusserung, Gesundheitsvorsorge und Bildung freihalten wollen? Afrika ist ein Renditeobjekt, wie viele andere auch. Und je schneller die Armen aussterben, desto grösser wird der Gewinn. Wer ist schuld? Die Chinesen? Nein, das bin ich als Afrikaner ja selber! Die Russen? Die Eliten? Oder am Ende doch wieder wir Afrikaner?
Lieber Pierroz, du hast recht, denken ist nicht gratis. trotzdem bin ich der meinung, dass viele es sich leisten könnten, sich aber aus verschiedenen gründen darin verweigern. ich selber würde mich eher als denkfaulen idioten bezeichnen, was mir aber deutlich gegen den strich geht, ist die „mir ist alles scheissegal“ haltung. mir ist es nicht egal wie es den menschen in meinem umfeld oder auch anderswo geht. aus diesem gedanken ist die seite „denken ist gratis“ entstanden. ehrlicherweise muss ich dir aber sagen, dass ich mir erst nach deiner frage zum ersten mal gedanken über diese aussage gemacht habe!
noch schlimmer als nicht zu denken, ist wohl das denken ohne ein handlung. wie unser lieber Dr. Vitali mal zu mir gesagt hat: „das denken genügt sich selbst“. vielleicht ist es ein wenig wie mit dem heiraten, „denke oder denke nicht, du wirst beides bereuen“. ich danke dir hast du mich zum denken angeregt, auch wenn ich mit dem resultat nur mässig zufrieden bin. herzlich, dein freund, Igor
Danke lieber Igor
Nun, man kann den Wert einer Falschaussage auch als provozierenden Denkanreiz interpretieren. Von dieser Seite her betrachtet ist ja dann der kritisierte Titel Deiner Seite „Denken ist Gratis“ wiederum geradezu goldrichtig.
Weder in Afrika noch in Europa scheint das Heil also auffindbar zu sein. Auch in unserer Zone ist trotz Aufklärung und Kultur das Wesen Mensch immer noch näher beim Raubaffentum, als bei einer humanen Gemeinschaft oder einer zu gelingenden Kulturleistung bereiten Gattung. Das Denken, egal wie glücklich – oder glücklos, zeitigt ohne ein qualitatives Handeln, wie Igor treffend festellt, keine süsse Ernte. Bleibt uns noch das mit einer Trostlosgarantie belegte Heiraten oder dann die von louisprima erwähnte Selbstdisziplin. Nur, wo nehm ich die nur wieder her ?
ps 1: Bei dem Satz “Beim Menschen bilden sich die Gehirnzellen bis zum fünften Lebensjahr. Erhält das Kind während dieser Zeit keine angemessene, ausreichende und regelmässige Ernährung, bleibt es sein leben lang ein Krüppel.” handelt es sich um ein Zitat aus dem Buch von Jean Ziegler. Der Ausdruck „Krüppel“ finde ich persönlich auch grenzwertig, aber so ist’s abgedruckt worden.